Freitag, 14. November 2008

Studieren an der Universitas Gadjah Mada

6:30 Uhr: Eigentlich sollte ich jetzt aufstehen. Sarah klopft zum dritten Mal an meine Tür und ruft, dass ich meinen Allerwertesten bewegen soll. Ein bisschen erinnert sie mich an meine Mutter, die hat es auch immer gehasst mich aus dem Bett zu werfen. Letzte Nacht war ich bis zwei Uhr wach um die Hausaufgaben für eines der Fächer fertig zu machen und deshalb fällt mir auch das Aufstehen schwer. Hausaufgaben heißt Fragen aus einem Buch zu beantworten – kopieren und einfügen.


6:50 Uhr: Wir biegen von unserem Viertel auf die Jalan Kaliurang ein, letzte Woche wütete hier der Tornado, heute hat der Verkehr die Straße wieder fest im Griff und der besteht zu neunzig Prozent aus Rollern. Sarah ruft, ich soll einen Schulterblick beim Überholen machen und während ich noch überlege was das sein soll, drängelt sich vor mir eine vierköpfige Familie auf einer Vespa vorbei. Ich bremse und muss auf den Gehweg ausweichen – alles ganz normal. Auch der Linksverkehr ist reine Gewöhnungssache.

7:05 Uhr: Ein bisschen zu spät erreichen wir die UGM, aber immerhin sind wir angekommen, der Dozent noch nicht. Die Indonesier sitzen alle auf einer Seite des Raumes, das liegt am Kollektivismus – die Weißen haben sich nach Neigungsgruppen verteilt. In der Klasse wird laut gekichert und es steht tatsächlich einer Schmiere, um die anderen zu warnen, wenn der Dozent kommt.. Er erscheint und beginnt die Vorlesung mit den Worten: „Lasst uns beten!“. Das tut nicht jeder Professor, aber er eigentlich immer. Ich starre Löcher in die Wand und werde es für die nächsten zweieinhalb Stunden fortsetzen.

8:15 Uhr: Halbzeit von Runde eins. Die dritte Gruppe präsentiert ihre innovative Geschäftsidee, die darin besteht Batik-Kleidung im Internet zu verkaufen. Da fällt mir ein, Freitag ist Batik Tag, die Regierung legt also allen Indonesiern nahe, Batik zu tragen um damit die Kultur zu erhalten. Vielleicht sollten wir in Deutschland den Lederhosentag einführen. Ich schweife mit den Gedanken ab und nutze die Gelegenheit um mich ins Computerlabor zu verziehen - Hausaufgaben für die nächste Vorlesung ausdrucken. Die Labore sind modern und es funktioniert meist alles reibungslos, das einzige was gelegentlich nervt ist, dass der USB-Stick nach einmal einstöpseln in den Uni-Rechner mit unzähligen Viren, Trojanern und sonstigem Ungeziefer verseucht ist.

9:39 Uhr: Der Dozent hat mal wieder überzogen und ich muss mich beeilen in die nächste Vorlesung zu kommen. Einmal bin ich einfach aufgestanden und habe die Klasse mit all meinen Sachen verlassen - sollte man nicht tun. Die Indonesier haben geguckt wie Autos und der Dozent bat Sarah darum mir auszurichten, mich das nächste Mal abzumelden.
In der nächsten Vorlesung sitzen 18 Studenten an noblen Glastischen. Auch hier präsentieren die Studenten, erst das aktuelle Kapitel aus dem Buch und dann einen Artikel zum Thema. Der Dozent unterbricht regelmäßig die präsentierende Gruppe und ergänzt Formeln und Grafiken.

Albertpusch11:00 Uhr: Ich sehe Licht am Ende des Tunnels. Mir reichen schon die neunzig Minuten in Pforzheim und hier nun zweieinhalb Stunden einen Vortrag nach dem anderen zu zuhören macht mich ungeduldig. Dafür habe ich in diesen fünf Stunden zwei Drittel meines gesamten Wochenpensums abgesessen und kann mich auf Freitag freuen, da habe ich nur eine Vorlesung, gleich nach dem Mittagsgebet.

Keine Kommentare: